Gut 300 Fans der Motorrad-Marke Laverda treffen sich in Tübingen
Vorwiegend in Italien gebaute Motorräder rasten am Sonntag über einen Rundkurs im Tübinger Industriegebiet Unterer Wert. Im Fokus standen Maschinen des Herstellers Laverda.
Tübingen. „Gentlemen, start your engines" — Rainer Klink, Macher des Tübinger Auto- und Spielzeugmuseums Boxenstop, ließ es sich nicht nehmen, am Sonntag die berühmte Start-Formel des Rennens über die 500 Meilen von Indianapolis zu zitieren.
Dem Rennen am Sonntag ging die Ausstellung am Samstag voraus: 150 Maschinen hatte Klink zur Ausstellung im „Boxenstop" zusammenbekommen. Das Wochenende stand ganz im Zeichen der Marke Laverda, die nach dem ersten Weltkrieg als Hersteller für Landmaschinen gegründet worden war. Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die ersten Laverda-Motorräder gebaut.
„Die Laverda ist mir zugelaufen", so Armin Schmalz aus Schömberg im Schwarzwald. Er suchte vor wenigen Jahren nach einer Maschine, die von einem Zwei-Zylinder-Reihenmotor, dem Parallel-Twin, angetrieben wird. „Sie ist nicht besonders hübsch", findet Schmalz. Weil die beiden Kolben gleich laufen, das heißt, im selben Moment den Totpunkt erreichen, vibriert die Laverda stark. Außerdem, so Schmalz, sei die Maschine hart, bockig und stur. „Wie eine Frau. Aber man hält ihr halt die Ehre."
An diesem Wochenende zeigte sich jedoch, dass diese Marke viele Fans in ganz Süddeutschland hat. Sie kommen auch, um Piero Laverda zu huldigen: Der Enkel des Firmengründers musste einige Zweiräder mit seinem Autogramm verzieren. „Es gibt keinen Herrn Honda oder Herrn Guzzi mehr, aber einen Herrn Laverda", erklärt der 62-Jährige die Begeisterung der Fans nonchalant. In den 70er Jahren agierte Laverda als Rennleiter des eigenen Teams. Sein damaliger Fahrer Roman° Mancini begleitete ihn nach Tübingen.
Er sei mit den Maschinen aus eigenem Hause aufgewachsen, habe in seiner Jugend jedoch lieber mit Enduro-Maschinen Motocross gefahren, gestand Laverda. „Für mich ist ein Motorrad ein Stück Bekleidung, wie für Sie ihr Paar Stiefel." Nachdem seine Familie die Firma verkaufte, sammelt Laverda Rennmaschinen, die seinen Nachnamen tragen: „Ich hatte bis dahin nie eine eigene."
Am Sonntag bekam Laverda außerdem einige Devotionalien überreicht, etwa „die einzige Holz-Laverda, die es gibt", wie Vorbesitzer Armin Schmalz verrät: Er habe das kleine Modell zum 40. Geburtstag von einem taubstummen, russischen Holzschnitzer geschenkt bekommen, sagt er.
Unter die Laverda-Spezialisten im Fahrerlager mischten sich auch Klaus Laforsch und Anke Vosseler aus Rottenburg, die an diesem Tag eigentlich eine Moto Morini Corsaro 1200 testeten. „Ich bewundere manche Bastler um ihr Stehvermögen, vor allem wenn es darum geht, an Ersatzteile zukommen", meinte Laforsch. So meldet ein Pappschild, dass jemand einen linken Seitendeckel für eine 1200er suchte.
Zum Rennen um den „Au-OstRing" wurden über 80 Zweirad-Oldtimer angemeldet: Neben den Laverdas röhrten betagte MV Agustas, Ducatis und Aprilias. Die älteste Maschine, eine Benelli Baujahr '37, fuhr Roland Saier aus Bernloch auf der Alb. Normalerweise stehe die Maschine in seinem Wohnzimmer. Seine Frau schimpfe immer, weil sie das Motorrad abstauben müsse und weil es stinke, wenn er von einem Rennen wie diesem zurück nach Hause komme. „Aber wenn sie ihr Käsefondue macht, stinlct's auch."
Die Faszination erschließt sich komplett, als Piero Laverda seine Maschine anwirft, die letzte fahrbare Rennmaschine aus eigener Produktion. Tausend Kubikzentimeter, sechs Zylinder. Das Teil faucht wie eine Wildkatze. Im ersten Gang bis 120 Stundenkilometer, im zweiten Gang bis 180... Doch das gibt der Rundkurs nicht her, obwohl die Schikane entfernt wurde. Nach ihm darf Rainer Klink eine Runde drehen, findet nach einer Weile den zweiten Gang und steigt am Schluss mit einem Grinsen von Tübingen bis Reutlingen wieder herunter „Das Ding geht ab wie die Sau!"
In Piero Laverdas Worten: „Ein Motorrad mit starkem Charakter, das bei einem starken Mann eine Menge an Emotionen auslöst."
Bericht Südwestpresse - Michael Sturm